Klassenzimmer wird zur Bühne
9. Dezember 2021

Für 54 Schülerinnen und Schüler des Geislinger Wirtschaftsgymnasiums fiel der Deutsch-Unterricht kürzlich ein wenig anders aus als sonst: Zwei Schauspieler der „Theater mobile Spiele“ aus Karlsruhe, Petra Ehrenberg und Tobias Schill, verwandelten das Doppelklassenzimmer der Kaufmännischen Schule Geislingen in eine Theaterbühne.

 

Da die Klassen aktuell keine sonst üblichen Theateraufführungen besuchen können, kam das Theater als Zweipersonenstück an die Schule. Den Kontakt hatte Deutschlehrerin Christina Kelemen bereits vor den Sommerferien hergestellt. Auf dem Programm stand Goethes „Faust I“, den die Oberstufenschüler aktuell im Unterricht behandeln. Ein sehr altes, aber zugleich auch sehr modernes Stück, wie die Zuschauer erfahren durften.

 

70 Minuten lang bestimmten Faust, Gretchen, Mephisto und weitere Figuren des Dramas das Geschehen. Dafür wechselten die Schauspieler immer wieder die Kleidung und Requisiten und veränderten die Stimme, wodurch die Unterscheidung der Figuren leichtfiel. Im Anschluss konnten die Schüler mit den Schauspielern in Austausch treten, Fragen stellen und die Aufführung reflektieren. Dabei zeigten sich die Schauspieler sehr nahbar und zeigten Verständnis dafür, dass der Drameninhalt für viele Jugendliche sehr komplex und realitätsfern erscheint. Ihr erklärtes Ziel sei deshalb, mit ihrem Stück den Absolventen das Werk besser verständlich zu machen. Die Schüler zeigten sich beeindruckt von der Leistung der Schauspieler, den Originaltext vollständig aus dem Kopf gespielt zu haben. Immer wieder erschien „Faust“ aber auch im zeitgenössischen Gewand, wenn zum Beispiel Valentin und Gretchen einen Skype-Videocall starteten oder eine Corona-Maske ins Spiel kam.

 

Als Bühne diente Ehrenberg und Schill eine mobile Kulisse, die szenenweise als Kerker, Hölle oder Zimmer erschien. Für die Schüler entfiel durch die räumliche Enge auch die sonst übliche Distanz zur Bühne: Sie waren stattdessen quasi mit im Geschehen, was der Aufführung eine ganz eigene Intensität verlieh. Auch Schulleiter Roland Rimbach zeigte sich über das Theater in seiner Schule sehr erfreut: „Nachdem wir nun corona-bedingt bereits seit mehr als 20 Monaten unsere traditionellen Theaterfahrten nicht anbieten können, war diese intelligente Bearbeitung eines Klassikers in diesem besonderen Rahmen mehr als ein Ersatz.“ Für Ehrenberg und Schill war nach der Aufführung noch nicht Schluss: Am Nachmittag inszenierten sie das Stück noch einmal für die Oberstufenschüler der benachbarten Emil-von-Behring-Schule. Lisa Keller

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